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Thursday, April 23, 2015

Wangerooge - die "Verbotene Insel"

Wangerooge - die „Verbotene Insel“

Der erste Eindruck läßt sich durch nichts ersetzen - so sagt man...

Wenn eine Fähre Helgoland erreicht, so bricht irgendwann aus dem über dem Meer liegenden Dunst das eindrucksvolle rote Steilkliff hervor, ein Raunen geht über das Deck und die Fotoapparate und Videokameras werden gezückt. Wenn die Seebäderschiffe auf der Reede vor Anker gehen, ist schon von weitem aus der Schriftzug am Börteanleger zu lesen, der die Besucher mit „Welkoam iip Lunn“ (Willkommen an Land) begrüßt. Andere Inseln, die selbe Situation; betreten die Gäste das Hafengelände von Wyk auf Föhr oder Wittdün auf Amrum, so begrüßen große Banner an den Landungsbrücken ebendiese mit „Willkommen auf .....“. 
Abbildung 1: „Willkommen auf Föhr“
 Man fühlt sich im wörtlichen Sinne gleich willkommen und freut sich auf die nun anbrechende Auszeit auf der Insel.
Ich besuchte nach 1976 Wangerooge im September 2014 zum zweiten Mal für zwei Wochen und konnte mir einen eigenen Eindruck verschaffen. Wie also schneidet im Vergleich zu anderen Nordseeinseln Wangerooge ab? Nun, zunächst einmal mit einem durchaus spektakulären Auftritt; nach ca. einer halben Stunde zeichnet sich die Düne des Weststrandes als hellgelbes Band gegen die blauen Fluten ab, die beiden großen Türme, die so gegensätzlicher nicht sein könnten, werden zuerst schemenhaft, dann immer deutlicher sichtbar.
Abbildung 2: Die Wangerooger Türme im Westen von der Fähre aus
Der eine ein rechteckiger, ziegelsteinfarbener Turm mit einer baulichen Peileinrichtung (die beiden kleinen Turmspitzen), die - in Linie - die geografische Nordrichtung verdeutlicht, der aber nur eine Reminiszenz an den zu Beginn des Ersten Weltkrieges abgerissenen alten Westturm darstellt und, bis auf seine Funktion als Landmarke, keinerlei navigatorische Bedeutung mehr besitzt. Der andere ein schlanker, hoher und runder, rotweiß gebänderter Stahlturm, vollgepackt mit Drehfeuer, Richtfeuern, Radar- und sonstigen Antennen, um den Anforderungen der Leitung des Schiffsverkehrs gerecht zu werden.

Je näher die Fähre sich dem Hafen nähert, desto mehr drängt sich der Eindruck  auf, daß dem Hafen etwas provisorisches, unvollkommenes, nicht zu Ende gebrachtes anhaftet. Im Westen geht die Dünenlandschaft beinahe übergangslos in das Hafengelände über, im Osten schützen ein scheinbar viel zu niedriger Steinwall und eine einwandige Spundwand ohne Hinterschüttung das Sportboot- und Fährschiffsbecken. Wenn Sturm und Schwell aus dem Süden oder Osten ansteht, wird der Ort sicher ein eher ungemütlicher Schutzhafen sein. Ins Auge fallen weiterhin die Baracken der DGzRS, des Wangerooger Segelclubs und der Hafenmeisterei, die sämtlich auf abgestrebten Stelzen gebaut sind. Man kann sich lebhaft vorstellen,  was hier im Winterhalbjahr bei Springtide und in die Deutsche Bucht drückendem Weststurm abgehen kann. Dieses alles  verschafft dem Hafen von Wangerooge eine besondere Atmosphäre. Er erscheint wie ein Vorposten der menschlichen Zivilisation in einer Umwelt, die geprägt ist von der Gewalt des Wassers, des Windes und des wandernden Sandes.
Abbildung 3: Erreichen des Hafens

Abbildung 4: Der Innenhafen mit Gebäuden

Das Bild ändert sich, wenn die Festmacherleinen übergeben sind und die Gangway den Gang ans Land ermöglicht. Auf dem gesamten Gelände des Hafens stechen Verbotsschilder mehr oder weniger direkt ins Auge. Der Ton ist sehr direkt und sehr deutsch. Statt freundlich darum zu bitten, „Dieses“ oder „Jenes“ zu unterlassen und an die Vernunft der Passanten zu appellieren, herrscht ein Befehlston vor. „(Es) ...ist verboten....“ ist das gängige Satzgerüst, auf dem aufbauend die verbotenen Handlungen beschrieben werden. Diese Bild setzt sich im Ort leider fort. Man kann den Sinn einer Fußgängerzone auf einer autofreien Insel ja noch in Ansätzen verstehen, auch wenn andere Inseln (spontan fällt mir Langeoog ein) die ganze Sache etwas legerer „handlen“ und eine dort ausgewiesene Fußgängerzone als „frei für Radfahrer bei Schrittgeschwindigkeit“ auszeichnen. Vollständig lächerlich aber wird es, wenn man über parallel verlaufende Nebenstraßen der „Zedeliusstraße“ endlich per Rad zur Strandpromenade vorgestoßen ist. Dort fallen sofort die Schilder und aufgebrachten Fahrbahnmarkierungen, die ein Verbot von Rädern auf der Promenade verdeutlichen, ins Auge. „OK“, denkt man sich, „wenn es politisch so gewollt ist...“, aber nach kurzer Suche findet man nur einen alten klapprigen Radständer in Bereich der Gemeindeverwaltung, der allenfalls dafür geeignet ist, teure Felgen, Speichen und Rahmen zu verkratzen.

Das ging auch mir so, aber lüstern und rebellisch funkelte in meinen Augen die Attitüde eines Freizeit-Gesetzesbrechers, der das undenkbare wagte und das Rad zu Fuß auf die mit braunen Ziegeln gepflasterte Freifläche der Strandpromenade schob. Hier wollte ich den Sonnenuntergang genießen und schaute mich nach einer Gelegenheit um, das Rad in Zugriffsweite abzustellen. Was mußte ich da entdecken?! In fein-säuberlichen Abständen waren auf die Innenseite der etwa hüfthohen Abschlußmauer kleine Blechschilder geklebt worden, auf denen zu lesen stand „Fahrräder abstellen verboten“. Die Spitze des Eisbergs ist es dann aber, die Räder förmlich (selbst wenn sie geschoben und/oder abgestellt werden) de facto von der Strandpromenade zu verbannen. Wangerooge kann viel von anderen Nordseebädern lernen, was den entspannten Umgang mit (Kurtaxe zahlenden) radfahrenden Touristen angeht, die in zwei Wochen eine Menge Geld auf der Insel lassen. Ob ich dieses jedoch noch ein zweites Mal in Wangerooge tun werde, da bin ich mir eher unsicher, da ich als 40% Gehbehinderter mein Rad wie andere körperlich Behinderte ihren Rollstuhl benutze. Schade, Wangerooge! Ein erster Eindruck, der sich leider verfestigt hat.

Abbildung 5: Kleine Verbotsschild-Collage, aufgenommen auf Wangerooge im September 2014


P.S.: Ach ja, das Rad auf dem Fotoausschnitt unten rechts ist mein Rad, aufgenommen beim Besuch in 2014. Schickt mir das Ordnungsamt Wangerooge jetzt ein Ticket? ;-)

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